Zeitzeugin Hanna Zimmermann kommt erneut zu Wertinger Schülern

Rund 200 Schülerinnen und Schüler werden heute Vormittag die Worte der 92-jährigen, in München lebenden Hanna Zimmermann aufnehmen. Zum wiederholten Mal kommt die Jüdin an die Wertinger Montessorischule, wo sie – auch vor Jugendlichen der Mittel- und Realschule – über ihre Befreiung aus dem Konzentrationslager erzählen wird. Sonja Spiegler, Geschäftsführerin der Montessorischule, sitzt dann wie immer an ihrer Seite und unterstützt die mittlerweile etwas Schwerhörige dabei, jedes Wort zu verstehen.

Frau Spiegler, Sie scheinen in enger Verbindung zu Hanna Zimmermann zu stehen. Ist der Kontakt durch Sie zustande gekommen?
Spiegler: Nein, ganz im Gegenteil. Durch den Besuch an unserer Schule hat sich der Kontakt zwischen uns erst aufgebaut. Der Erstkontakt kam durch einen ehemaligen Schüler unserer Fachoberschule zustande. Der hatte im Rahmen der großen gemeinsamen Arbeit und der Entwicklung eines Audio-Guides für Buttenwiesen und die Spuren jüdischen Lebens Hanna Zimmermann als Zeitzeugin interviewt.

Seitdem erzählt die mittlerweile 92-Jährige jährlich ihre Lebensgeschichte vor den Schülern. Viele davon kennen sie bereits und hören immer wieder fasziniert zu. Wie kommt das?
Spiegler: Erstmals hat Hanna Zimmermann an unserer Schule den Mut gefasst, ihre Geschichte vor Schülern zu erzählen. Eigentlich macht sie nur einen kleinen Einstieg und bietet dann an: „Ihr dürft mich alles fragen.“

Was bewirkt sie bei den Schülern?
Spiegler: Beispielsweise erzählt sie, wie man ihr als Kind plötzlich den Hund wegnahm, und sie nicht mehr in die Schule gehen durfte. Eins nach dem anderen wurde verboten – das kann ein Kind mit zehn Jahren nicht begreifen. Allerdings begreifen unsere Kinder und Jugendlichen dadurch, wie wertvoll Demokratie und Freiheit sind, und dass wir beides sehr hüten müssen. Während des Vortrags verspüre ich, ebenso wie die jungen Menschen, eine tiefe Dankbarkeit, dass wir in Friedenszeit leben. Und die kann ganz schnell verspielt sein.

Ist es das Anliegen von Frau Zimmermann, das zu vermitteln?
Spiegler: Ja. Und sie sagt sehr schön und deutlich: „Ihr habt keine Schuld. Aber ihr tragt die Verantwortung dafür, dass so etwas nicht mehr passiert. Dazu müsst ihr wissen, was alles war und dass das stimmt.“ Wir alle, denen es so gut geht, haben den Auftrag, uns darum zu kümmern.

Was fasziniert Sie persönlich an der Frau?
Spiegler: Aus ihr spricht eine große Güte. Für mich ist sie eine wahre Lehrmeisterin. Trotz ihrer Lebensgeschichte jammert sie nicht, ist auf niemanden böse, nimmt Anteil und freut sich, wenn sie Anteil am Leben anderer nehmen darf. Dabei gab es in ihrem Leben keinen Tag nach dem Konzentrationslager, an dem sie nicht an das Grauen erinnert wurde. 36 ihrer Familienangehörigen wurden ausgelöscht. Indem sie ganz behutsam von all dem unvorstellbaren Grauen erzählt, berührt sie.

Auch die Kinder und Jugendlichen?
Spiegler: Die Schüler gehen raus und sind dankbar, dass sie ein Bett haben und ein Leben. Dankbar für Dinge, die vorher selbstverständlich waren.

Den ganzen Artikel finden Sie auf der Wertinger Zeitung.