Montessori Pädagogik und FOS
Die Pädagogin Maria Montessori (1870-1952)
Maria Montessori, Ärztin und Pädagogin zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sah schon in ihrer Zeit das Kind als ein Wesen mit eigener Individualität. Kraft seines Geistes entwickelt sich das Kind zu einem unabhängigen, freien und selbstständigen Menschen. Die Erwachsenen nehmen das Kind und seinen Entwicklungsprozess ganz genau und ohne Bewertung wahr und unterstützen den Hunger nach Lernen und Wissen durch geeignete Materialien und Handlungsmöglichkeiten. Diese vom humanistischen Weltbild geprägte Pädagogik begreift den Menschen als ein Wesen, das sein gesamtes Entwicklungspotential in sich trägt und durch die Begegnung mit der Welt in diesem wächst und sich entfaltet. Das Kind ist „Baumeister seiner selbst“. Diese Sicht wird durch die heutige Hirnforschung (s. Gerald Hüther) wissenschaftlich belegt.
„Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht, das Kind zu formen, sondern es ihm zu ermöglichen, sich zu offenbaren.“
Video über Maria Montessori
Youtube-Link zu einem sehenswerten Film über das Leben von Maria Montessori und die Entstehung der Montessori-Pädagogik
150 Jahre Maria Montessori
Zum 150. Geburtstag am 31.08.2021 wurde eine Webseite zu Maria Montessori’s Werk erstellt.
Montessori Pädagogik und junge Erwachsene in der FOS
Die besten Methoden sind diejenigen, die beim Schüler ein Maximum an Interesse hervorrufen, die ihm die Möglichkeit geben, allein zu arbeiten, selbst seine Erfahrungen zu machen und die erlauben, die Studien mit dem praktischen Leben abzuwechseln.[…]
Außerdem muss man denen, die zu arbeiten wünschen, die Möglichkeit lassen, das von den offiziellen Vorschriften geforderte Niveau zu erreichen oder sogar zu überschreiten. Diese Schule […] muss während der letzten zwei Jahre den Schülern helfen, zum Universitätsstudium reif zu werden oder die Examina zu machen, die zur Erlangung von Diplomen notwendig sind.
[aus: Von der Kindheit zur Jugend, abgedruckt in: Maria Montessori, „Kosmische Erziehung“,
herausgegeben und eingeleitet von Paul Oswald und Günter Schulz-Benesch, Freiburg i.B. 1988, S. 154f.]
Im Mittelpunkt der Montessori-Pädagogik steht die Persönlichkeitsentfaltung jedes Schülers. Dabei haben intellektuelle, soziale, kreative und emotionale Aspekte der Bildung das gleiche Gewicht. Der Umgang der Pädagogen und Pädagoginnen, Jugendlichen und Eltern ist geprägt von der Achtung der Menschen untereinander und der Achtung vor der Natur. Die Wertschätzung der Verschiedenheit und Gleichwertigkeit aller Menschen kennzeichnet das Menschenbild der Montessori-Pädagogik.
Maria Montessori hat vor ca. 100 Jahren festgestellt, dass der technische und materielle Fortschritt in gewaltigem Tempo vorangeht, dass aber die Entwicklung des Menschen „diesem Gang nicht gefolgt“ ist (M. Montessori, Kindheit und Jugend). Diese Krise hat sich seither verschärft.
Es ist deshalb wesentlich, dass junge Menschen die Möglichkeit bekommen, in ihrer Persönlichkeit zu wachsen und ihr Leben nach ihren Werten gestalten können.
Was braucht ein Mensch, damit seine Persönlichkeit sich bilden und reifen kann?
Independent learning
„Independent learning“ – ein Lernen, das unabhängig ist von zu vielen Mustern und fertigen Lösungen. Jeder Mensch ist anders, jeder denkt anders, jeder lernt anders. Er lernt auf eigene Weise und ist unverzichtbar in seinem einzigartigen Denken. Mit dieser Erkenntnis hat Maria Montessori schon im letzten Jahrhundert die Praxis des „alle lernen das Gleiche zur gleichen Zeit und im gleichen Tempo“ mit dem Wissen um die Kraft des eigenständigen Lernens revolutioniert. Schülerinnen und Schüler lernen aus ihrem Bedürfnis nach Wissen und Verstehen von Lebenszusammenhängen. Dafür braucht es keinen Wettbewerb und keine Noten. Wichtig ist die Freiheit der Wahl im eigenen Arbeiten.
- Deshalb darf jede/r Schüler und Schülerin an dieser FOS für sich und auf seine/ihre Weise selbst aktiv werden, eigene Lernwege gehen, ein eigenes Lernkonzept entwickeln, die neuen Inhalte verschieden angehen und strukturieren, zu unterschiedlichen Zeiten und an selbst gewählten Lernorten arbeiten.
- Deshalb wählen die Schüler und Schülerinnen das Thema ihrer Studien -und Projektarbeit und sein/ihr Vorgehen darin völlig selbst.
- Deshalb wählen die FOS Schüler und Schülerinnen ihre Stelle für die fachpraktische Ausbildung ganz selbst.
- Deshalb gibt es viel Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden, damit die Unterrichtenden erfahren, wie jede/r lernt.
- Deshalb gibt es feedback statt Bewertung, die einzelne Arbeit wird als Schritt zum nächsten Schritt ernst genommen.
Interdependent learning
„Interdependent learning“ – wir lernen miteinander und voneinander. Maria Montessori beobachtete bei Kindern, dass sie das Bedürfnis haben, ihre Entdeckungen zu teilen und dass sie auf diese Weise schnell und facettenreich voneinander lernen. Im Zusammenspiel unterschiedlicher Perspektiven entstehen unvorhergesehene Lösungen. Zusammen werden wir intelligent.
- Deshalb arbeiten die Schüler und Schülerinnen an der Montessori FOS in kleinen Teams zusammen an neuen Inhalten, bekommen Gruppenaufgaben, die sie gemeinsam lösen, stellen sich gegenseitig ihre Erarbeitungen vor und geben sich Rückmeldung zu ihren Texten.
- Deshalb schließen sich Schüler und Schülerinnen zu einem Thema in der Studien- und Projektarbeit zusammen, in dem das selbst gewählte Thema Platz findet und andockt und entwerfen zusammen Aktionen, die sie gemeinsam umsetzen.
- Deshalb treffen sich die FOS Schüler und Schülerinnen (ohne Pädagogen oder Pädagoginnen) regelmäßig zum FOS-FORUM, um dort ihre Anliegen und Interessen miteinander zu besprechen und im Anschluss in der Schule zum Tragen zu bringen
„Wie viel Druck braucht ihr?“ wollten Eltern von einer FOS-Schülerin bei der Gründung der Schule wissen. „Ich brauche keinen Druck. Ich will ja lernen“, war die Antwort. Genau das hat Maria Montessori in ihren Schriften und ihrer langjährigen pädagogischen Arbeit gezeigt, weil sie es selbst bei ihren Schülerinnen und Schülern erkannt hat.